2. Die Schülermützen
Wer kam eigentlich auf den Gedanken mit den Schülermützen ? Wir wissen es nicht mehr. Jedenfalls tauchte bei uns in der 11. Klasse auf einmal der Gedanke auf, dass wir als Schüler des Domgymnasiums zum Zeichen der Zugehörigkeit zu einer renommierten Schule und als sichtbarer Ausdruck der Zusammengehörigkeit unserer Schulklasse uns kleidungsmässig unterscheidbar von anderen abheben sollten.
Schuluniformen nach englischem Vorbild kamen allein aus Kostengründen nicht in Frage. Außerdem wäre der Widerstand von Schule und Elternhaus wohl schwer zu überwinden gewesen. Aber Mützen, Schülermützen, wie sie in Büchern und Filmen dargestellt wurden, übten einen unwiderstehlichen Reiz auf uns aus. Wir ahnten, dass ein Rückgriff auf " alte Zeiten " nicht ganz unproblematisch sein könnte. War so etwas nicht ein verpöntes Elitedenken ? Mit jugendlicher Unbekümmertheit verwarfen wir hier und da aufkommende Bedenken. Die Mehrheit von uns war dafür.
Aber wie sollte die Mütze aussehen? Schließlich einigten wir uns. Das war sie nun, eine samtig-rote Stoffkappe mit Stofffutter und kurzem Schirm in gleichem Stoff und gleicher Farbe. Sie kostete 7,00 DM (damals!), die Mehrzahl kaufte sie, einige schlossen sich aus prinzipiellen Erwägungen nicht an.
Nun waren wir besonders auf die Reaktion unserer Lehrer sehr gespannt, als wir dann tatsächlich mit diesen Mützen in der Schule erschienen. Anfangs geschah nichts. Der Lehrkörper war wohl in ungläubigem Staunen wie gelähmt. Er musste diese neue Erscheinung erst einmal einordnen. Einige Lehrer und auch einige Eltern vermittelten uns den Eindruck, dass wir nicht nur mit unerbittlicher Gegnerschaft rechnen mussten. Wir glaubten, verhaltenen Duldungswillen auszumachen. Es fand eine Lehrerkonferenz statt. Die Staats-, ich meine, Schulräson siegte. Die Schule entschied sich dafür, uns das Tragen der Mützen in der Schule zu untersagen.
Wir trugen sie dann außerhalb der Schule weiter. Es ging kein Aufschrei der Empörung durch unser Städtchen Verden, wenn wir mit diesen Mützen auftraten. Im großen Ganzen nahm man das so hin.
Es dauerte nicht lange, dann tauchten Epigonen auf; die Schüler unterer Klassen fanden die Ideen wohl als nette Abwechslung nachahmenswert (heute würden sie sagen " cool ") und begannen ähnliche Mützen in abweichender Farbe zu tragen.
Kurz und gut, nach einer Weile ebbte die Begeisterung ab und die Mützen verschwanden wieder.
War die Idee denn wirklich Ausdruck eines elitären Standesbewusstseins ? Aber woher hätten wir das denn damals nehmen sollen? Wir sahen es also nicht so. Wir wollten neben der Freude am Überraschungseffekt wohl etwas anderes ausdrücken, nämlich, dass wir uns nicht als namenlose Masse fühlten. Wir gehörten einer Gruppe (Schulklasse) an, die sich an anspruchsvollen Bildungszielen orientierte mit der Bereitschaft, sich höheren Anforderungen zu stellen. Ist so etwas im Grunde nicht begrüßenswert?
__________________________