Friedrich Lenthe, “Fidi” (1895 - 1967):
Musik bis Klasse 12
Auf diesem Bild hält "Fidi" eine geschwärzte Glasscheibe in der Hand. Sie diente zum Betrachten der Sonnen- finsternis (partiell) vom 02.10.1959, zu der auch wir Schüler uns auf dem Sportplatz zu versammeln hatten.
Fidi war der dienstälteste Lehrer zu unserer Zeit am Domgymnasium. Er trat 1920 in den Schuldienst ein und war seit dieser Zeit am Domgymnasium tätig.
Jeder in der Schule kannte einen, den man „Fidi“ nannte.
Unseren Musiksaal mit seinen langen dunkelgrünen Bänken und dem Flügel auf dem Podium beherrschte Oberschullehrer Friedrich Lenthe, genannt „Fidi“ Lenthe. „Fidi“, schon seit langem weißhaarig, mit meist rotem Gesicht unter seiner Hornbrille reagierte empfindlich auf Schülerscherze, die seiner Autorität und der deutschen klassischen Musikkultur abträglich zu sein schienen. Um gerade Haltung bemüht, aber manchmal doch etwas vornüber gebeugt gehend, erzählte er mit sonore Stimme von cis und fis, Instrumenten, Komponisten und deren Werken, mit dem Schwerpunkt auf klassischer Musik, versteht sich. Das brachte er uns nicht systematisch und nicht erkennbar gegliedert bei. Wenn er von den großen Meistern mit schwärmerischem Gesichtsausdruck berichtete und vielleicht auch stolz über ein riesiges Tonbandgerät Passagen aus deren Werken ertönen ließ, war er in seinem Element. " Fidi " strahlte.
Von Kritik an deutscher Tonkunst fühlte er sich persönlich getroffen. So hatte er sich bei uns in der zehnten Klasse gerade mit emphatischem Lob über alte Opern ausgelassen und wollte von uns etwas Bestätigendes hören. Da meldete sich Dieter und meinte, die Musik sei ja manchmal ganz eindrucksvoll, aber Text und Inhalt entsprächen dem damaligen Geschmack der gesellschaftlichen Oberschicht, das passe nicht in die heutige Zeit. Der Inhalt sei auch nicht sehr anspruchsvolle. Die ständigen Wiederholungen in manchen Gesangspassagen fand Dieter auch nicht sehr reizvoll.
Man sollte meinen, na ja, etwas Wahres ist da schon dran, aber dem jungen Mann fehlt vielleicht noch das Verständnis für diese Art von Musik, das kann dann später kommen. Nicht so “Fidi“ Lenthe. Mit hochrotem Kopf rief er empört, was dieser Schüler sich erlaube, Höhepunkte deutschen Musikschaffens zu verunglimpfen, das sei unreif, das sei unglaublich.
Sofort schnappte er sich den „Nestbeschmutzer“ und schleppte ihn zum Direktor. Sehr erregt beklagte er sich bei ihm bitter und erwartete wohl eine Bestrafung dieses Frevlers. Der gute Direktor, zuerst etwas ratlos, meinte dann aber, dass der Lehrer solche unüberlegten Worte noch nicht ausgereifter Schüler nicht so ernst nehmen solle, teilte Dieter sein Missfallen mit und schickte beide wieder in den Musiksaal.